Im Regenloch
Kaum zu glauben, aber Marie und ich haben heute ein den ganzen Nachmittag umspannendes Regenloch erwischt und konnten somit die ganze Zeit auf dem Spielplatz verbringen! Viele andere Familien hatten dieselbe Idee, und so hatte Marie immer etwas zu beobachten. Manchmal ist sie sogar ganz nah an andere Kinder herangegangen als ob sie sagen wollte: "Hallo, hier bin ich, macht was mit mir!". Die von ihr ausgewählten Kinder waren aber alle einige Jahre älter als sie, so dass sie nichts mit ihr anfangen konnten. Ein paar freche Jungs haben sogar direkt ihre Schaufeln auf sie gerichtet und gedroht: "Soll ich dich abschießen? Ich schieß dich gleich mal ab!" *stöhn* In einer anderen Situation hat eines der beiden Mädchen neben Marie sie zwar freundlich angesprochen: "Das ist ein Mädchen. Stimmt's, du bist doch ein Mädchen?", aber Marie bekommt trotzdem immer einen Rappel, wenn sie dann doch jemand anspricht, dreht sich zu mir, jammert, streckt die Arme aus und will geholt werden. Ich lächele sie dann aufmunternd an, aber das nützt momentan wenig, also rennt sie schnell in meine Arme und klettert an mir hoch - einfach in die Arme nehmen reicht nicht, sie muss offenbar ganz auf den Arm in die sichere Höhe :) Obwohl Kontakt zu anderen Kindern natürlich wichtig ist, freue ich mich trotzdem, wenn Marie in Situationen, die sie verunsichern oder Angst machen, sich so eindeutig an mich wendet. Offenbar akzeptiert sie mich nicht nur als Spielkameradin für fröhliche Zeiten, sondern auch als sicheren Hafen in der Not.
Neben den größeren Kindern war auch ein ganz kleiner Junge mit seiner Mutter auf dem Spielplatz, vielleicht gerade 1 Jahr alt. Ich konnte ihn immer wieder beobachten, und es war interessant zu sehen, wie sehr Marie sich entwickelt hat, seit ich sie kenne. Denn als wir das erste Mal zusammen auf dem Spielplatz waren, war sie in etwa so alt wie der kleine Junge von heute, und es ist so erstaunlich, wie sehr sich die Aktionen und das Verhalten der beiden gleichen. Marie hatte damals genau an denselben Sachen Spaß wie heute der Junge, sah beim Laufen genau so aus und hatte noch dieselben Schwierigkeiten mit dem Kletterhäuschen und der Rutsche. Und jetzt? Jetzt ist sie ein richtiges Kind geworden, kann sicher laufen ohne alle 2 Meter umzufallen, kann die Rutsche gerade hinunterrutschen, ohne mit einem Bein stecken zu bleiben oder unten mit dem Kopf zuerst hinabzupurzeln, ja, sie klettert die Rutsche inzwischen sogar (mit etwas abstützender Hilfe) von unten wieder rauf. Sie läuft am Geländer eine sandige, steile Holzrampe hinab, ohne auf die Nase zu fallen, sie zieht sich auf Bänke, schaukelt in der "Nicht-Babyschaukel" mit Festhalten, steigt alleine auf Wippe und Schaukelpferd und kann sogar fast alleine in einem dieser roten Kletternetze hochklettern. All das hat sie sich im letzten halben Jahr nach und nach erobert - und wenn man nicht ab und zu jüngere Kinder sehen würde, hätte man wohl schon vergessen, wie alles anfing.
Außerdem fährt Marie jetzt Dreirad - wir brauchen also keinen Kinderwagen mehr. Nunja, zumindest sitzt sie drauf und kommt auch mit den Füßen an die Pedale, kann aber nicht treten, bzw. hat wohl noch nicht verstanden, dass das das Dreirad in Fahrt bringen würde. Also schiebe ich an der Stange hinten. Lenken kann sie theoretisch, d.h., sie weiß, wie und wohin sie den Lenker drehen muss, damit das Dreirad in eine bestimmte Richtung fährt. Wenn da nicht die Umwelt wäre, die viel zu spannend ist, als dass man immer geradeaus schauen und sich auf die Position des Lenkers konzentrieren könnte :D